"Voll flexibel - Ansätze für ortsgebundene Arbeitsplätze"
Am 7. November hat das TEA-Projekt in Zusammenarbeit mit vereinbar e. V. eine Veranstaltung unter dem Motto „Voll flexibel?? – Neue Ansätze für ortsabhängige Arbeitsplätze“ in Papenburg durchgeführt.
Den Anfang macht Herr Prof. Dr. Florian Dorozalla von der Hochschule Emden-Leer mit einem kurzweiligen und durchaus wachrüttelnden Vortrag. „Wenn Sie jemanden sagen hören ‚Wir machen jetzt auch New Work mit Homeoffice und so‘, ist das schlichtweg nicht das, was New Work eigentlich ist“, stellte Dorozalla zu Beginn des Vortrages klar. „New Work“ – dieser Begriff gehe im Ursprung auf die Theorien des Frithjof Bergman zurück, der damit eine grundlegende Revolution unserer gesamten Arbeits- und Erwerbswelt meinte. Ziel sei es, die genannten Sphären nicht länger auf „best for business“, sondern „best for people“ auszurichten – ein Teil der Lohnarbeit solle das bilden, was der Mensch „wirklich, wirklich will“. Bergmanns Theorie stehe damit in Konflikt mit den Gegebenheiten des Kapitalismus.
Dorozalla schlug den Bogen von Bergmanns Theorien zu Möglichkeiten, im eigenen Unternehmen „New Work Light“ umzusetzen. Auch hier stehe der Mensch im Mittelpunkt. Er nannte Beispiele wie neue Teilzeitregelungen (zwei Personen teilen sich eine Stelle, wechseln dann aber nicht stündlich, sondern monatlich) oder das Arbeitszeitmodell „Freiraum“ der T-Systems, bei der das Stundensoll um 5% gesenkt wird, die IST-Stunden aber gleichbleiben. Damit erhalten die Mitarbeitenden freie Tage. Ein weiteres Beispiel zielte auf ein neues Raumkonzept für flexible Arbeitsplätze ab.
Dorozalla stellte zum Schluss klar, dass nicht jedes Modell für jedes Unternehmen passe. Man müsse genau prüfen, welche Angebote zum Unternehmen und vor allem ihren Mitarbeitenden passen.
Einen ähnlichen Tonus bildeten auch die Gesprächspartnerinnen und -partner im anschließenden Talkpanel. Lena Bramschulte (Bonifatius-Hospital Lingen), Jens Dittmann (VOSS Gebäudetchnik), Dieter Kuper (ROSEN Group) und Peter Jarchow (GASKLAR GmbH) stellten sich den Fragen der Moderatorin, Ilka Krane (vereinbar e. V.) und vermittelten ein eindrucksvolles Bild, wie flexible Arbeitsmodelle konkret umgesetzt werden können. Alle Teilnehmenden waren sich einig, dass der Schlüssel in einer intensiven Kommunikation mit den Mitarbeitenden liegt. Es komme immer häufiger zu individuellen Lösungen, bei denen allerdings die Fairness nicht vergessen werden dürfe. So berichtet Peter Jarchow, dass in seinem Unternehmen die 4-Tage-Woche und Mobiles Arbeiten eingeführt worden sei. Mitarbeitende, die nicht von zu Hause arbeiten können, seien im ersten Moment neidisch gewesen. Eine face-to-face Kommunikation und die intensive Einbeziehung des mittleren Managements sei hier enorm wichtig.
Neben der 4-Tage-Woche beziehe die VOSS Gebäudetechnik GmbH vor allem die unterschiedlichen Lebensphasen der Mitarbeitenden ein. So würden sich die Wünsche ändern, je nachdem wie das private Umfeld aktuell gestaltet ist, erläuterte Jens Dittmann.
Der Wunsch nach mehr Flexibilität wird vor allem im Pflegebereich sehr deutlich. Lena Bramschulte berichtet, dass viele Fachkräfte nach der Ausbildung zunächst eine Pause einlegen, in Teilzeit starten oder im „Springer-Pool“ eingesetzt werden wollen. In Kombination mit dem erhöhten Fachkräftebedarf in dieser Branche, bedürfe es schneller Lösungen. Im Bonifatius-Hospital wird dem durch frühzeitige Dienstplanerstellung (gute Planbarkeit) und unkomplizierten Schichttausch (künftig per App) Rechnung getragen. Dennoch ist sich die Leitung der besonderen Herausforderungen bewusst, um langfristig attraktiv zu bleiben.
Dieter Kruse von der ROSEN Group stellt außerdem fest, dass besonders internationale Markterfordernisse teils die Arbeitszeitgestaltung mitbestimmen. Auch hier sei eine intensive Kommunikation, besonders durch das mittlere Management, zwingend erforderlich. Die Führungskräfte müssten dahingehend geschult werden, die unternehmerische Perspektive an die Mitarbeitenden zu vermitteln.
Insgesamt stehen die Äußerungen der Talkpanel-Teilnehmenden teils in Konflikt mit der ursprünglichen Idee von New Work. Es stellt sich also die Frage, ob New Work Light gelingen kann, wenn weiterhin die unternehmerische Perspektive Hauptaugenmerk ist. Dorozalla erläuterte, dass zwischen dem Kapitalismus und der New Work Theorie nach Bergmann ein Spektrum liege. Unternehmen müssen für sich bestimmen, wo auf diesem Spektrum sie sich aktuell einordnen – und wo sie in Zukunft sein möchten.