Durch Zusammenarbeit werden Großveranstaltungen sicher(er)
Stadt Leer berichtet aus Erfahrungen mit Sicherheitskonzept des Gallimarktes
Knapp 500.000 Besucher kamen allein 2024 zum Gallimarkt nach Leer. Auf vielen Veranstaltungen, vom Schützenfest auf dem Dorf bis zum NDR-Festival in Papenburg, kommen allerorts viele Menschen zusammen. Unter dem Motto “Gemeinsam sicher(er)!” verrieten jetzt die Verantwortlichen des Gallimarktes rund 30 Kommunalvertreterinnen und -vertretern der Wachstumsregion Ems-Achse ihr Sicherheitskonzept.
Rund 30 Teilnehmer nahmen an der Veranstaltung der Wachstumsregion Ems-Achse im historischen Rathaussaal Leer teil.
Im historischen Ratssaal in Leer wurde schnell klar, dass das größte Volksfest in der Region eine “große Gemeinschaftsleistung” ist. Edde Claasen ist Leiter Einsatz der Polizeiinspektion Leer/Emden. “Natürlich gibt es keine 100-prozentige Sicherheit, aber die Menschen brauchen keine Angst haben, wenn sie den Gallimarkt besuchen.”
Der Polizist gewährte den Vertreter/innen der Kommunen nicht nur Einblicke in das Sicherheitskonzept, sondern hatte wichtige Tipps für sie parat. “Die Städte und Gemeinden sollten auf jeden Fall (auch kleinere) öffentliche Feste und Veranstaltungen vorab der jeweiligen Polizeistation melden.” Dies könnte im Einsatzfall sehr hilfreich sein.
In Leer, ob beim Gallimarkt, der bereits seit 1508 stattfindet, oder beim Weihnachtsmarkt ist jeweils die Stadt Leer Veranstalterin. Für Claassen gibt es einen wichtigen Baustein für friedliche Veranstaltungen wie in Leer: “Hier arbeiten die Verantwortlichen seit Jahren sehr eng zusammen.” Dies sei leider nicht überall der Fall.
Das Konzept in Leer werde in vielen Gesprächen vorab auch mit dem Schaustellerverein überarbeitet und verbessert. Seit den Anschlägen, wie das Messerattentat am 23. August 2024 in Solingen oder den Terroranschlag am 19. Dezember 2016 auf dem Weihnachtsmarkt in Berlin, würden Warnungen im Vorfeld sehr ernst genommen. “Wir werten gezielt Social Media-Meldungen aus”, sagte der Polizist. So gab es zum Beispiel im Vorfeld des Kramermarktes in Oldenburg Bombendrohungen. Der jeweilige Einsatzleiter müsse dann beurteilen, inwieweit diese ernst genommen werden müssten.
Direkt auf dem Areal des Gallimarktes bauen die Verantwortlichen einen Sicherheitspool mit mehreren Containern auf. So kommt eigens ein Spezialvideo-Wagen von der Polizei in Hannover nach Ostfriesland. Von dort werden die neuralgischen Punkte des Marktgeschehens über mehreren Videotürme überwacht. Über diese Türme sind auch Lautsprecherdurchsagen an die Besucher möglich. Das Lagezentrum direkt neben dem Riesenrad besteht zudem aus Einsatzwagen des DRK und der Feuerwehr sowie Mitarbeitern des Ordnungs- und Bürgeramtes.
Wie Polizeiexperte Edde Claasen erläuterte, werden die Besucherströme des Gallimarktes per Video überwacht.
Amtsleiter Torsten Blank sagte: “Wir lieben unseren Gallimarkt. Aber es ist viel Arbeit.” Auch für ihn ist das Allerwichtigste des Sicherheitskonzeptes die “Kommunikation”. Um dies selbst bei überlasteten Mobilfunknetzen zu gewährleisten, findet die Kommunikation im Notfall über digitale Funkgeräte statt. Wie wichtig das ist, ist den Einsatzkräften leider in diesem Jahr bei einem Feuer in der Geisterbahn mit elf Verletzten vor Augen geführt worden. Alle Einsatzkräfte hätten dank des Sicherheitskonzeptes sehr gut und schnell zum Wohl der Menschen miteinander ihre jeweiligen Aufgaben wahrnehmen können.
Im Laufe der Jahre haben die Verantwortlichen auf bestimmte Situationen immer wieder mit neuen Vorkehrungen reagiert. Seit dem Terroranschlag am Breitscheidplatz in Berlin, bei dem elf Menschen starben, baut die Stadt Leer Betonsteine auf, um zumindest das Tempo von Fahrzeugen von mutmaßlichen Attentätern erheblich zu verringern. “In diesem Jahr haben wir zudem acht zertifizierte Anti-Terror-Poller gekauft”, sagte Blank. Beim Überfahren schlitzt er den Lastwagen von der Unterseite auf und stoppt ihn so. Erstmals stellte die Stadt zudem in diesem Jahr LED-Displays an Haupteingängen auf, auch um wichtige Informationen weiterzugeben.
So wurde zum Beispiel “Katharina, acht Jahre“, gesucht und auch dank dieser für alle gut sichtbaren Mitteilung schnell gefunden. Seit Jahren verteilt die Stadt Leer zudem “Kinderfinder”. Das sind Armbänder für Kinder, auf denen deren Name und die Telefonnummern der Eltern vermerkt sind.
Bei den Referenten Torsten Bank (von links), Edde Claassen und Ingo Stoffregen bedankte sich im Namen der Wachstumsregion Ems-Achse Projektleiterin Mareike Buß.
Die Stadt arbeitet seit Langem beim Sicherheitskonzept mit der ZH Security GmbH von Ingo Stoffregen zusammen. Die Firma ist u.a. für die Sicherheit auf dem Wacken-Festival in Schleswig-Holstein verantwortlich. Das Unternehmen sorgt für technische Unterstützung der Sicherheit durch die Videotürme für den Gallimarkt. Zusätzlich zum Sicherheitspersonal der Schausteller, beispielsweise in den Festzelten, sind zwölf ZH-Sicherheitskräfte auf dem Gallimarkt im Dauereinsatz. “Sie dürfen inzwischen sogar Falschparker abschleppen lassen oder Platzverbote aussprechen”, sagte Stoffregen. Unterm Strich ist aber auch für den 44-Jährigen mit einem Abschluss im Studium für Sicherheitsfachdienste, das “Zusammenspiel aller Organisationen vor Ort das Allerwichtigste.”